Was ist die Monroe Doktrin?
Mit einem Papier begründeten die USA ihren Machtanspruch
Eines vorweg: Mit der legendären amerikanischen Schauspielerin Marilyn Monroe hat dies alles nichts zu tun. Vielmehr ist James Monroe, der fünfte Präsident in der Geschichte der Vereinigten Staaten, der Urheber der sogenannten Monroe Doktrin. Damit prägte der Politiker, der zwischen 1817 und 1825 amtierte, die bis in die heutige Zeit geltende Außenpolitik seines Landes. Gleichzeitig wollten die Vereinigten Staaten von Amerika unmissverständliche ihre Haltung manifestieren, wonach sich die USA auf dem Doppelkontinent jegliche Einmischung aus Europa oder aus anderen Ländern verbaten. James Monroe sprach dabei von der Existenz zweier politischer Sphären in der Welt und fixierte gleichzeitig das Prinzip der Nichteinmischung der USA in europäische Konflikte.
Politische Lage um 1823
Die Warnung an Europa: Keine Einmischung in Lateinamerika
Aber nicht überall auf dem Kontinent jenseits des Atlantiks wurden die Thesen des James Monroe verstanden. Bis heute ist die Monroe Doktrin in der Überzeugung der lateinamerikanischen Staaten so etwas wie das immerwährende Wahrzeiten der US-Imperialismus. Als Monroe am 2. Dezember 1823 seine geschichtsträchtige Rede zur Lage der Nation vor dem amerikanischen Kongress hielt, hatte Mexiko zwei Jahre zuvor seine Unabhängigkeit von Spanien verkündet. Überall in Südamerika bröckelte der Einfluss der Kolonialmacht Spanien. Die militärische Niederlage der Iberer zeichnete sich sehr deutlich ab, und der amerikanische Präsident Monroe schickte eine unmissverständliche Warnung an die europäischen Staaten, nicht den Versuch zu starten, verlorenes Terrain im Süden Amerikas zurück zu erobern. Monroes Forderung war auf einen kurzen Nenner zu bringen: „Amerika den Amerikanern“.
Entstehung der Monroe Doktrin
Die wichtigsten Passagen stammten von Außenminister Adams
Historiker sind sich einig in ihrer Überzeugung, dass die entscheidenden Passagen dieser Rede vor dem amerikanischen Kongress nicht von James Monroe verfasst wurden, sondern von dessen Außenminister John Quincy Adams, der später als Präsident in seine Fußstapfen treten sollte. Doch nicht mit Adam sondern mit Monroe verbindet sich diese für die amerikanische Politik richtungsweisende Doktrin. Sie war vor allem als Richtschnur künftigen Handelns zu verstehen und als Orientierung für alle amerikanischen Präsidenten nach Monroe. Ausschlaggebend für die kompromisslose Formulierung war für die Politiker der zwanziger Jahre des 19. Jahrhunderts die Angst vor europäischen Gebietsansprüchen in Amerika. Frankreich und Großbritannien trauerten ihren territorialen Verlusten in Nordamerika nach. Erst im verlustreichen Unabhängigkeitskrieg hatten sich die Amerikaner von der europäischen Bevormundung lösen können. Bis dahin waren die USA aus der Sicht der Europäer selbst so etwas wie eine Kolonie.
Eine „Era of Good Feeling” und Auseinandersetzungen in Europa
Nachdem die Kanonen im Unabhängigkeitskrieg schwiegen, entstand für die Vereinigten Staaten von Amerika zunächst eine friedliche Zeit, die in die Literatur der Geschichte dieser Region als „Era of Good Feeling“ Einzug hielt. Innenpolitisch hatte sich das Land stabilisiert, und nach dem Erwerb Louisianas sowie der Übernahme der bis dahin spanischen Besitzungen in Florida hatte die USA ihr Territorium fast verdoppelt. James Monroe machte sich bei den Verhandlungen in Paris einen Namen. In Europa zerrieben sich gleich mehrere Staaten in kriegerischen Auseinandersetzungen. Die Amerikaner waren zwar von diesen Konflikten geographisch weit entfernt, doch sie beobachteten das Geschehen mit Spannung und wohl auch mit einer gewissen Sorge. Umstritten blieb bis heute, warum Präsident Monroe die neuen südamerikanischen Republiken ohne Wenn und Aber anerkannte. Vermutlich erhoffte er sich von denen für die USA gute Handelsbeziehungen.
Die USA betrachteten die westliche Hemisphäre als ihren Lebensraum
Die ursprüngliche Idee der durch Präsident James Monroe proklamierten Doktrin war der in jenen Zeiten erstmalig formulierte Machtanspruch der Vereinigten Staaten von Amerika. Damit setzte sich die noch immer junge Republik zwischen Atlantik und Pazifik klar ab von den europäischen politischen Systemen. Deren Nationen wurde gleichzeitig die Einflussnahme auf die westliche Hemisphäre verwehrt. Im gleichen Atemzug erklärten sich die USA bereit, sich aus allen Konflikten der Alten Welt herauszuhalten. Der Kern der Botschaft des amerikanischen Präsidenten an alle Nationen war unmissverständlich: Die Vereinigten Staaten betrachteten von nun an die westliche Welt als ihren „natürlichen Lebensraum“. Gleichzeitig ging damit eine Art Machtgefälle zu Lasten der Länder Südamerikas einher. Die USA hatten im Ringen um die Weltherrschaft ihren Hut in den Ring geworfen.
Entwicklung der Monroe Doktrin
Manche fühlten sich als Teile eines „auserwählten Volkes“
Dass die Vereinigten Staaten mit der Monroe-Doktrin in zahlreichen Ländern der Welt Neid und Misstrauen schürten, nahmen die amerikanischen Politiker dieser Zeit in Kauf. Fortan fühlten sich viele Menschen in den USA als Teile eines „auserwählten Volkes“. Sie waren davon überzeugt, dass die Werte ihrer Nation allen übrigen überlegen waren. Dieses Selbstverständnis hat sich in Teilen der amerikanischen Gesellschaft bis in die heutige Zeit behauptet. Das Sendungsbewusstsein der Nation führte in den nächsten zwei Jahrhunderten unter anderem dazu, dass die Amerikaner hin und wieder sogar aus den Krisen und Kriegen außerhalb ihres Machtbereichs Profit schöpfen und Auseinandersetzungen zum eigenen nationalen Vorteil nutzen konnten.
Die Vereinigten Staaten befürchteten die Isolierung ihrer Nation
Mit seiner Grundsatzrede und der von ihm proklamierten Doktrin setzte James Monroe unter anderem dem Vormarsch des russischen Zarenreichs sehr bald ein Ende. Denn im heutigen Alaska drohte für die Amerikaner ein nicht zu kalkulierender Krieg mit der europäischen Macht Russlands. Aber auch im Süden des amerikanischen Territoriums gab es in den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts Konflikte, denn die monarchistischen Staaten Europas hatten nach wie vor ein großes Interesse an Rückeroberungen der südamerikanischen Länder.
Die von Präsident James Monroe etablierte Regierung der Vereinigten Staaten befürchtete deshalb eine Isolierung ihrer Nation, die sich zwischen zwei Konflikt-Regionen rieb. Innenpolitisch hatten die Positionskämpfe der bevorstehenden Präsidentenwahl, zu der Monroe nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten konnte, längst begonnen. Der spätere Präsident John Quincy Adams schaffte es nur mühsam, seine Position zu festigen, denn in den Augen vieler Amerikaner war er als ehemaliger Unterhändler der USA so etwas wie ein Steigbügelhalter der Interessen Englands.
Für viele Amerikaner hat die Doktrin den Status eines Evangeliums
In dieser Zeit war James Monroe bemüht, seine achtjährige Amtszeit erfolgreich zu beenden. Mit seiner Vernetzung der nationalen Sicherheit und einem außenpolitischen Manifest hatte sich der Präsident abgehoben von allen historischen Vorgängern in diesem Amt. Insbesondere war Monroe nicht daran gelegen, sich auf diplomatische Noten zu beschränken. Vielmehr wollte er dem Rest der Welt verkünden, wie sich die Vereinigten Staaten ihre künftige Rolle auf dem Globus vorstellten.
So hielt die Monroe-Doktrin Einzug in die Geschichtsbücher als die am meisten diskutierte Willenserklärung eines amerikanischen Präsidenten. Nie zuvor hatte es eine politische Aussage gegeben, die derart wirkungsmächtig war, wie diese Doktrin des Staatsoberhauptes der Vereinigten Staaten. Für nicht wenige Bürger Amerikas hat diese Monroe-Doktrin noch immer den Status eines Evangeliums. Jenseits des Atlantiks, in den Staaten Europas, gab es zwar Zustimmung durch Großbritannien und Frankreich, aber auch eine herbe Abfuhr durch das zaristische Russland und durch den insbesondere in Deutschland einflussreichen österreichischen Diplomaten Fürst von Metternich.
Sein militärischer Werdegang prägte Vermächtnis und Perspektive
Drei bedeutende Zeitgenossen hatten das Denken und Handeln des James Monroe geprägt und waren damit wohl auch so etwas wie die Paten der Doktrin: George Washington, Thomas Jefferson und James Madison, einer der Gründerväter Amerikas. Monroe wurde durch seinen militärischen Werdegang stark beeinflusst, und er betrachtete die zukünftige Gestaltung der jungen Republik durch die Brille der Verteidigung und gestaltete sein Vermächtnis unter einer sicherheitspolitischen Perspektive. Er war ein Mann mit einem ausgeprägten Instinkt für die Kraft der politischen Überzeugung und Führung. Bei einer geschichtlichen Beurteilung seiner Doktrin haben Historiker angemerkt, dass James Monroe einst für die Ideale der Französischen Revolution schwärmte und sie als Fortsetzung der Amerikanischen Revolution betrachtete. Mit der Monroe-Doktrin leistete er seinen historischen Beitrag zur Sicherheit der Nation und schuf gleichzeitig einen modernisierten Republikanismus.
Gegen europäische Einflüsse in Texas und Kalifornien
In den ersten Jahren nach seiner Grundsatzrede musste James Monroe anerkennen, dass die Wirkung seiner Doktrin keineswegs international durchschlagend war. Den Vereinigten Staaten mangelte es vor allem an der militärischen Stärke. Immerhin entspannte sich das Verhältnis zu Russland. Es sollten jedoch mehr als zwei Jahrzehnte vergehen, ehe sich einer von Monroes Nachfolgern, Präsident James A. Polk, dieser Doktrin erinnerte und sich gegen die Einmischung europäischer Staaten in Texas und Kalifornien verwahrte. Für die Amerikaner war die Botschaft Monroes ein Anlass, die europäischen Einflüsse vor allem in Mittelamerika einzuengen. So zogen die Franzosen ihre Soldaten aus Mexiko zurück, und die Vereinigten Staaten erreichten schließlich die Entmachtung des Kaisers Maximilian I., der 1867 durch ein Erschießungs-Kommando hingerichtet wurde. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts erklärten die Amerikaner den Engländern unter Berufung auf die Monroe-Doktrin am Verhandlungstisch, sie würden im Streit um die Grenzen der Kolonie Britisch-Guayana eine Einmischung in ihr Interessengebiet nicht hinnehmen.
Der Angriff auf Pearl Harbor und die deutsche Kriegserklärung
Die Monroe-Doktrin spielte auch viele Jahre später, bei den Panamerikanischen Konferenzen in Montevideo, Lima und Havanna eine wichtige Rolle. Geschaffen wurde dabei eine gemeinsame Sicherheitszone, und in Bezug auf die besagte Doktrin einigten sich die Teilnehmer dieser Konferenzen darauf, dass die Verteidigung der westlichen Hemisphäre von lebenswichtigem Interesse für die gesamte Region sei. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs stellten sich die amerikanischen Politiker immer wieder die Frage, wie sie auf eine mögliche Invasion der deutschen Streitkräfte reagieren sollten. Eigentlich hatten sie sich in der Monroe-Doktrin zur Nichteinmischung in europäische Angelegenheiten bekannt. Doch der Angriff der Japaner auf Pearl Harbor und die wenig später erfolgte Kriegserklärung Deutschlands an die USA veränderte alles.
Mit dem Kalten Krieg erhielt die Doktrin eine neue Ausrichtung
Mit dem Kalten Krieg und dem belasteten Verhältnis der westlichen Welt zur Sowjetunion erhielt die Monroe-Doktrin eine Neuausrichtung. Im Jahr 1959 beriefen sich Präsident John F. Kennedy und Vizepräsident Lyndon B. Johnson auf das historische Papier aus dem Jahr 1823, um die Revolution auf Kuba zu bekämpfen. Es folgten die Landung amerikanischer Truppen in der Schweinebucht und vier Jahre später auch die Intervention der USA in der Dominikanischen Republik. Auch der amerikanische Präsident Ronald Reagan bezog sich in den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts auf die Monroe-Doktrin, als er seinen Kreuzzug gegen die zentralamerikanischen Revolutionäre startete. Bis zum heutigen Tag verbindet sich mit der von James Monroe ausgerufenen Doktrin aber vor allem der uneingeschränkte Schutzanspruch der USA. Selbst wenn das ursprüngliche Papier in dieser Form seine Gültigkeit verloren hat, so ermöglicht es doch ein militärisches Eingreifen der Vereinigten Staaten, wenn das Land die nationale Sicherheit gefährdet sieht.