Mardi Gras in den USA
Ein verwirrendes Karnevals-Spektakel - Mardi Gras in den USA
„Ol‘ Man River“ – es ist die Hymne an das große Wasser, das am Lake Itasca entspringt und nach genau 3.765 Kilometern bei New Orleans in dem Golf von Mexiko mündet. Der Blues des Mississippi schwappte bis zu dieser europäisch anmutenden Stadt, wo die sanften Klänge einmal im Jahr explodieren – beim verwirrenden Karneval, den man in New Orleans Mardi Gras nennt.
Dann platzt diese Stadt aus ihren Nähten und ihre Straßen und Gassen werden zu einer riesigen Partymeile. Aber unter Mardi Gras verstehen alle Amerikaner und nicht nur die „Jecken“ in New Orleans den Karneval.
„Ol‘ Man River…“ An den Ufern des Mississippi blühen nicht nur die Äcker mit Mais und die Felder voller Baumwolle. Dieser Fluss ist so etwas wie die Seele des amerikanischen Südens, und die Erzählungen, die man dort von Generation zu Generation weiter reicht, berichten von der Geschichte dieses Landstrichs und nicht zuletzt von Weisheit und vom Temperament dieses Stroms.
Was ist Mardi Gras?
Eine schrille und sehr laute Parade
„Liebe das Leben, und das Leben wird dir deine Liebe zurückgeben“. So hat es einmal ein amerikanischer Humorist formuliert. Und das Leben und die Liebe zeigen sich zu den Zeiten des Mardi Gras in bunten Farben. Mit dem Grün, das die Hoffnung symbolisiert, mit dem Gold, das für Macht und Ehre steht und mit dem Violett für Gerechtigkeit im Alltag.
Die Parade zu Mardi Gras ist nicht nur in New Orleans schriller und lauter als jene in Rio de Janeiro oder die beim Karnevalsumzug in Köln. Es ist der große Tag für Pauken und Trompeten und nicht die Stunde des sanften Blues.
Vom Jazz weiß man, dass er auf den Straßen von New Orleans geboren wurde, doch bei Mardi Gras fangen sich zwischen den Fassaden der Bourbon Street und in anderen Orten der USA gänzlich andere Töne.
Geschichte, Traditionen und Bräuche von Mardi Gras
Ein erster Karneval im Jahr 1703
Die Geschichte des Mardi Gras geht zurück auf New Orleans und damit auf einen Mann, der im Jahr 1718 zu den Gründern der Stadt gehörte. Ein gewisser Jean Baptiste Le Moyne Sieur de Bienville war aus Frankreich in den amerikanischen Süden gekommen und hatte in der Umgebung von New Orleans ein Grundstück erworben, das er „Pointe du Mardi Gras“ nannte.
In der Ära der Regentschaft von Ludwig XIV. gewann Frankreich einen immer stärkeren Einfluss auf der anderen Seite des Atlantik, und etliche Landsleute des sogenannten „Sonnenkönigs“ fanden in Übersee eine neue Heimat.
Einige von ihnen gründeten das Fort Louis de la Louisiane, das heute als Stadt und als Mobile auf den Landkarten der USA zu finden ist. Die Ankömmlinge brachten ihre europäischen Gepflogenheiten mit und feierten bereits im Jahr 1703 ihren ersten Karneval am Mississippi.
Die Tradition des „fetten Dienstag“
Schon in den frühen Jahren des 18. Jahrhunderts stellten die Pioniere des amerikanischen Karnevals unter der Bezeichnung „Boeuf Gras Society“ eine Parade auf die Beine. Bei dieser Prozession durch die kleine Siedlung folgten die Teilnehmer einem Wagen mit einem Stierkopf. Später entschieden sie sich für einen lebendigen Ochsen, umhüllten ihn mit weißen Tüchern und erblickten darin das Symbol der bevorstehenden Fastenzeit.
Der Mardi Gras, der „fette Dienstag“, war in den USA geboren und begründete eine Tradition, der sich bis heute die Menschen an den Ufern des großen Flusses verpflichtet fühlen. So findet die Parade des Mardi Gras jeweils am Tag vor Aschermittwoch statt.
Das Ritual katholischer Einwanderer
Mardi Gras ist also, streng genommen, ein religiöses Ritual, das durch die katholischen Einwanderer aus Frankreich nach Amerika gelangte. Jean Baptiste Le Moyne Sieur de Bienville und sein Bruder Pierre Le Moyne d’Iberville leiteten in dieser Zeit eine Expedition mit dem Ziel, die Rechte ihrer französischen Heimat in den heutigen US-Bundesstaaten Mississippi, Louisiana und Alabama zu festigen.
Als sie am 2. März 1699 einen Nebenfluss des Mississippi erreichten und dort ihre Zelte aufschlugen, nannten sie diesen Ort „Point de Mardi Gras“. Auch dies ist ein Teil der Geschichte des heutigen Spektakels in den Straßen von New Orleans und in vielen anderen Städten Amerikas.
Pancakes vor der Zeit des Fastens
Im 18. Jahrhundert wechselten die Obrigkeiten im amerikanischen Süden. Mobile geriet einige Zeit unter britischer Kontrolle und wurde später in den Jahren der amerikanischen Revolution von den Spaniern erobert. Doch die französischen Gepflogenheiten blieben erhalten und damit auch der Karneval unter der Regie einer Gesellschaft, die sich „Mystic Society“ nannte.
Am Dienstag vor Aschermittwoch gab es immer mal wieder eine Fackelparade und einem aus England importierten Brauch zufolge backte man vor dem Beginn der Fastenzeit mit Eiern, Mehl und Milch Pfannkuchen in reichlich Fett. Bis heute nennen viele Amerikaner diesen Leckerbissen „Dreikönigskuchen und diesen Tag bezeichnen sie als „Pancakes Day“.
Kuhglocken, Harken und Heugabeln
Über den Beginn der Paraden zum Mardi Gras gibt es zwar viele Geschichten, doch eine ist überliefert. So sollen am Silvesterabend zum Jahr 1830 einige niederländische Aussiedler in New Orleans in einem Restaurant dem Alkohol zugesprochen haben. Um sich um Mitternacht mit einigen landwirtschaftlichen Geräten zu „bewaffnen“ und mit Kuhglocken, Harken und Heugabeln durch die Straßen ihrer Stadt zu paradieren.
Die nächtliche Gaudi machte Schule, und fortan organisierte die Mystic Society jeweils in der Neujahrsnacht eine Parade. Erst zu Fuß und später in Begleitung von Festwagen. Das war die historische Geburtsstunde der heutigen Paraden am „fetten Dienstag“ und des Ordens der „Cowbellion de Raking Society“.
Der Wandel zum bunten Spektakel
Aus eher bescheidenen Anfängen erwuchs in New Orleans im Laufe der Zeit eine Bewegung, die fast alle Teile der Gesellschaft erfasste. Die Paraden wurden immer lauter und temperamentvoller, und um 1866 vollzog sich allmählich der Wandel zu einem bunten Spektakel.
So paradierte ein gewisser Joseph Stillwell Cain am Faschingsdienstag mit dem Zug durch die Straßen und hatte sich als Indianer verkleidet. Kriegsveteranen folgten in ihren phantasievollen Kostümen und mit Trommeln und Hörnern einem Kohlenwagen. Und da die Einwohner von New Orleans von Jahr zu Jahr eine immer größere Sympathie für den Karneval empfanden, dauerte er von nun an zwei Wochen.
Seit 1968 bekam der Umzug einen neuen Namen: Joe Cain Parade. Es gründeten sich diverse Ordens-Gemeinschaften, und eine gewählte „Königin“ oder ein „König“ führt seither die Parade an.
„Krewes“ und karibische Klänge
Mardi Gras in New Orleans ist heute ein weltweit bekannter Karneval, der alljährlich Zehntausende in die Stadt des Jazz, zur historischen Bourbon Street und zum French Quarter lockt.
Alle Altersgruppen folgen bei der Parade den mit viel Liebe und Aufwand geschmückten Festwagen. Sie entstehen unter der Obhut der Krewes, den sozialen Organisationen, die sich durch Spenden ihrer Mitglieder finanzieren.
Die „Krewe du Kanaval“ bildet den Auftakt der zweiwöchigen Paraden und steht im Zeichen der Menschen mit haiitianischen und afro-afrikanischen Wurzeln. Dies ist der Tag, an dem karibische Klänge den Karneval von New Orleans beherrschen.
Erinnerungen an die Zeit der Sklaven
Umzüge mit Fackeln zu nächtlicher Stunde spielen in vielen Städten der USA im Karneval eine große Rolle. Sie gehen zurück auf die Zeiten, als die Sklaven sich in der Dunkelheit Geld verdienten, um mit Fackeln die Straßen der Städte zu erhellen.
Später begleiteten sie die Festwagen der Paraden und erhielten von den Passanten am Rande des Umzugs traditionell ein paar Münzen. Der Straßenkarneval und vor allem die jeweiligen Paraden sind untrennbar verbunden mit den städtischen Historien. Er bringt überall in den Vereinigten Staaten Menschen zusammen, die sich in ihrem Alltag so gut wie nie begegnen.
Die amerikanische Version des Karnevals
Prüde sollte man nicht sein, wenn man sich für die amerikanische Version des Karnevals und damit eines bunten Treibens entscheidet. Dies ist eine verwirrende und zuweilen betörende Mixtura aus Lebenslust und Ausgelassenheit.
Da haben die Jazzmusiker ihre großen Auftritte, da reiten Hexen durch die Gassen, und da wimmelt es nur so vor Indianerhäuptlingen und Voodoo-Kriegern. Hier und da wandeln bei den Karnevalsumzügen nicht nur in New Orleans Zwerge in Lederkluft durch die Szene, dunkelhäutige Bewohner verkleiden sich wie weiße Barone und trotzen damit dem einstigen Mythos der Südstaaten. Und hier und da wird man auf den Festwagen auch schon mal nackte Brüste tanzender Teilnehmerinnen entdecken.
Millionen Perlenketten aus Plastik
Aber der Karneval made in USA kommt – im Gegensatz zu europäischen Gepflogenheiten – so gut wie nie anzüglich oder gar satirisch oder gar rassistisch daher. Man verzichtet auch auf ein allgemeines Motto des festlichen Treibens und rückt statt dessen Mythen und Legenden der langen Geschichte des Mardi Gras in den Mittelpunkt.
Von den Festwagen werden auch keine Süßigkeiten geworfen sondern vor allem dicke Perlenketten aus Plastik. Sie haben stets die Traditionsfarben des amerikanischen Karnevals – schimmern also grün, violett oder goldig. Man nennt sie „Beads“, und sie sind ein begehrtes Souvenir bei diesem närrischen Spektakel. Bei den Paraden am Samstag und Sonntag vor dem „fetten Dienstag“ werden mehrere Millionen Perlenketten von den Wagen geworfen.
Viel Prominenz auf den Festwagen
Wer Jahr für Jahr zu den Paraden des amerikanischen Karnevals reist, der entwickelt eine gewisse Sammelleidenschaft für die „Dublonen“. Das sind Metallstücke, gerade einmal drei Zentimeter groß und sie tragen die Embleme der jeweiligen „Krewe“. Von denen gibt es in New Orleans mittlerweile um die siebzig.
Einige dieser Festwagen schmücken sich immer mal wieder mit prominenten Gästen. In der Vergangenheit wurden dort Schauspieler und Sänger gesichtet. Unter anderem Britney Spears, Michael Keaton, Kevin Costner, Kid Rock und auch die Bandmitglieder von Maroon 5. Bei den Karnevalsbällen tanzten dann Stars wie Steven Tyler oder der amerikanische Rapper Pitbull.
Top Tipp: Mardi Gras in New Orleans
Keine Frage: Unter den Karnevals-Umzügen der Vereinigten Staaten nimmt Mardi Gras in New Orleans eine Sonderstellung ein. Wer nicht zu den „tollen Tagen“ in der Stadt am Mississippi weilt, der kann sich Festwagen im interessanten Museum „Mardi Gras World“ anschauen.
Dort erhalten die Besucher auch Informationen zur Geschichte und damit zur Tradition des amerikanischen Karnevals. An den Tagen der Paraden sind in der Stadt übrigens die meisten Geschäfte und alle Schulen und Behörden geschlossen.
Larry Bannock, einer der legendären Karnevalisten Amerikas, der häufig als gefiederter Indianer beim Umzug durch die Straßen New Orleans tanzte, soll einmal gesagt haben: „Nach dem Karneval dankst du Gott, dass du es geschafft hast…“ Die „fetteste Party“ der Vereinigten Staaten beschert dieser Stadt den Ausnahmezustand und ist auch ganz schön strapaziös.
Häufige Fragen und Antworten
Was wird bei Mardi Gras gefeiert?
Es ist vor allem die Lebensfreude vor den Tagen des Fastens, die beim Karneval in den Vereinigten Staaten zum Ausdruck kommt.
Wann ist Mardi Gras?
In New Orleans findet der Karneval mit täglichen Paraden in den beiden Wochen vor Aschermittwoch statt. Die wichtigste Parade ist am sogenannten „fetten Dienstag“.
Wo wird Mardi Gras gefeiert?
Das ist die Bezeichnung für alle Karnevals-Veranstaltungen in den USA. Doch die Wurzeln des närrischen Treibens hat Mardi Gras in und um New Orleans.
Was bedeutet Mardi Gras?
Mardi Gras ist die französische Bezeichnung für den Faschingsdienstag. Damit endet traditionell die „Woche der sieben fetten Tage“.
Wie lange dauern die Mardi Gras Feierlichkeiten?
Die wichtigte Mardi Gras Parade in New Orleans findet am Tag vor Aschermittwoch statt, doch die Karnevals-Feierlichkeiten beginnen bereits zwei Wochen früher.