Chinatown (San Francisco)
Chinatown San Francisco: die größte chinesische Gemeinde außerhalb Asiens
Wer Chinatown in San Francisco besucht, kommt sich vor wie auf einer Reise durch China. Wo man hinsieht, findet man typische chinesische Häuser, Schriftzüge, Restaurants und Geschäfte. In vielen Orten der USA gibt es ein Viertel namens Chinatown, so auch in New York City. Keines ist jedoch so bekannt wie Chinatown in San Francisco. Mit mehr als 100.000 Einwohnern ist dieses Viertel das größte und älteste chinesische Viertel außerhalb Asiens.
Geschichte von Chinatown in San Francisco
Dieses bunte Viertel existiert bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts. Ab 1850 kamen viele billige Lohnarbeiter auf dem Seeweg in die aufstrebende Stadt. Mit dem technischen Fortschritt wurden günstige und fleißige Lohnarbeiter gebraucht, zum Beispiel für den Städtebau und später auch für den Bau einer neuen Erfindung, der Eisenbahn. Auch als Minenarbeiter verdingten sich die chinesischen Arbeiter, die sich schon bald in San Francisco heimisch fühlten und dort ihr eigens Viertel errichteten, in dem sie ihre Traditionen in einem fremden Land bewahrten.
Parallelgesellschaft in San Francisco?
Chinatown war ursprünglich als eine Art Parallelgesellschaft entstanden, denn auch amerikanische Arbeiter suchten einen Weg, ihren Lebensunterhalt zu verdienen und sahen die Chinesen, die sie häufig herablassend als Schlitzaugen bezeichneten, als Konkurrenten an. So entstand mit den Jahren ein eigens chinesisches Viertel mit typischen Strukturen und Lebensweisen.
Die fleißigen Chinesen eröffneten jedoch nicht nur eigene Restaurants und Geschäfte, sondern bauten recht schnell auch ihre eigenen Häuser. Viele dieser originellen und bunten Häuser fielen dem großen Erdbeben 1906 zum Opfer. Schnell bauten die Bewohner ihr Chinatown jedoch in ähnlicher Weise wieder auf. Die chinesischen Einwohner haben sich dem Leben der Stadt jedoch angepasst, denn seit ungefähr 40 Jahren unterliegt auch Chinatown einem ständigen und spürbaren Wandel.
Wurde dieses chinesische Viertel einst gebaut, um dem eigenen Volk und der eigenen Gesellschaft zu dienen, liegt das Augenmerk jetzt mehr und mehr auf dem Tourismus. San Francisco ist spätestens mit dem Silicon Valley zu einer der teuersten Städte der USA geworden. Geografisch gesehen liegt Silicon Valley im südlichen Teil der Stadt und in der Metropolregion San Francisco und San José. Die rasante Entwicklung zu einem Hightech-Standort begann jedoch bereits in den 1960er- und 1970er-Jahren mit der Entwicklung der ersten Computertechnik.
Bereits 1951 wurde der Standford Industrial Park neben der Stanford University eingerichtet. Im Laufe der Jahrzehnte siedelten sich hier immer mehr global agierende Konzerne de Hochtechnologie an. Spätestens mit Erfindung des Internets wurde San Francisco zu einem der teuersten Wirtschafts- und Wohnorte der USA, denn hier haben unter anderem Telsa, Yahoo, Facebook und Hewlett-Packard ihre Unternehmensstandorte.
Chinatown im Schatten der High-Tech Industrie
Diese Entwicklung ist auch an Chinatown nicht spurlos vorbeigegangen. Für viele chinesische Bewohner ist das Leben in der Innenstadt zu teuer geworden. Daher sind sie in die Peripherie gezogen und kommen nur zum Arbeiten nach Chinatown. Die Bevölkerung im chinesischen Viertel hat schnell erkannt, das Touristen gerne hierherkommen und zahlungskräftiger als die eigenen Landsleute sind. Daher hat Chinatown leider einen Teil seiner ursprünglichen Authentizität eingebüßt. Dennoch lohnt sich ein Besuch auf jeden Fall.
Das chinesische Viertel profitiert jedoch von einer vorteilhaften geografischen Lage, denn es befindet sich mitten in der Stadt nur zwei Häuserblocks vom zentralen Einkaufs- und Theaterviertel Union Square entfernt. Chinatown grenzt an die Market Street, Embarcadero und van Nesse Avenue. Dennoch lassen sich die Grenzen nicht exakt bestimmen, denn dieses Stadtviertel hat sich immer mal wieder um eine oder zwei Straßen vergrößert oder verkleinert.
Zwei Straßen sind jedoch als Hauptanziehungspunkt für Besucher auszumachen: Grand Avenue und Stockton Street im Bereich von Broadway und Bush Street. Viele Besucher machen einen Abstecher nach Chinatown auf ihrem Weg von der Market Street zum nördlich gelegenen Stadtviertel Fisherman’s Wharf. Von hier aus besteht ferner ein unverstellter Blick auf die im Osten befindliche Transamerica Pyramid.
Dragon Gate: der Eingang zu einer anderen Welt
Der Eingang zu Chinatown ist unverkennbar das Dragon Gate an der Kreuzung Bush Street und Grand Avenue. Dieses Tor ist so authentisch, dass es als einziges Bauwerk seiner Art die chinesischen Ansprüche erfüllt.
1969 wurde dieses Tor als Geschenk der Republik China hier aufgestellt. Die chinesische Inschrift auf dem Tor bedeutet „Alles unter dem Himmel ist für alle Menschen“. Die vielseitigen Läden, Geschäfte und Imbisse richten ihr Angebot ganz eindeutig an Touristen. Dadurch büßt dieser Teil Chinatowns leider etwas an Originalität ein.
In der parallel verlaufenden Stockton Street geht es dagegen etwas ruhiger und chinesischer zu. Wer nach Sehenswürdigkeiten sucht, wird hier eher nicht fündig, denn Chinatown mit seinen typisch chinesischen Bauten und der gesamten Kulisse lässt sich eher als Gesamtkunstwerk betrachten. Echte Empfehlungen hinsichtlich der Gastronomie lassen sich auch nicht unbedingt abschließend geben, denn die zahlreichen Angebote variieren und damit auch die Qualität.
Wer ein gutes Essen gefunden hat, sollte dieses jedoch mit Vorsicht genießen, denn der Zusatz „hot“ bedeutet nicht etwa „heiß“, sondern besonders scharf. Häufig ist chinesisches Essen für Europäer gewöhnungsbedürftig. Gemeint ist damit nicht das Essen, das wir in chinesischen Restaurants in Deutschland bekommen, sondern originale Zubereitungen, also häufig scharf und würzig.
Ein vielseitiges Angebot in Chinatown: hier bekommt jeder alles
Eines ist jedoch sicher: in dem vielseitigen Angebot findet jeder, der will, eines oder mehrere passende Schnäppchen. Hier gibt es jedoch nicht nur günstige auf Touristen ausgelegte Ware „made in China“, sondern auch das eine oder andere außergewöhnliche Schätzchen wie chinesisches Porzellan zu kaufen. Ganz wichtig: jeder muss in Chinatown verhandeln, denn das wird erwartet. Es ist also falsch, sich auf den verlangten Preis widerspruchslos einzulassen. Am besten ist, etwas unterhalb dieses Preises anzufangen. Kunden und chinesische Händler treffen sich dann irgendwo in der Mitte.
Wer ganze bestimmte Waren im Sinn hat, diese hier jedoch nicht findet, sollte die Händler fragen, den geht nicht, gibt es hier nicht und alles wird irgendwie und irgendwo besorgt. Die Chinesen in Chinatown verstehen sich nicht nur auf ein qualitativ hochwertiges Kräuter- und Pillenangebot, sondern auch auf Massagen, sei es Ganzkörper oder nur für die Füße.
Chinatown: mehr Gesamtkunstwerk als Sehenswürdigkeiten
In Chinatown steht die älteste Kathedrale, die je in Kalifornien gebaut wurde. Das 1854 errichtete Kirchenbauwerk besteht teilweise aus in China geschnittenen und über den Seeweg hierher transportierten Steinen. Der Tien Hau Temple ist der älteste chinesische Tempel in den USA am Waverly Place. Allerdings nimmt dieser Tempel nicht ein ganzes Gebäude ein, sondern lediglich die erste Etage.
In der Chinese Historical Society of America lernen Besucher mehr über Chinatown und seine Einwohner. Waverly Place zwischen Sacramento und Washington Street bietet viele schöne Fotomotive. Hier befindet sich die Fortune Cookie Factory, denn Glückskekse sind eine chinesische Tradition, die auch in Chinatown nicht wegzudenken ist. Drei Frauen falten täglich 20.000 dieser Glückskekse.
In unmittelbarer Nachbarschaft befindet sich das als Little Italy bezeichnete North Beach. Wer genug von chinesischen Eindrücken, Traditionen und Essen hat und wieder etwas anderes sehen möchte, sollte in den zahlreichen Espresso Bars und typisch italienischen Cafés in North Beach einkehren. Man sollte meinen, dass sich Asiaten in einem fremden Land gegenseitig unterstützten. So jedoch nicht in Chinatown, denn die weniger kaufkräftigen Vietnamesen können hier nicht Fuß fassen und sind konzentrieren sich mehr auf das nahegelegene San José.