Rhyolite Ghost Town
Rhyolite – das ist eine der am meisten fotografierten Geisterstädte der USA. Womöglich hat dies etwas zu tun mit dem Namen der historischen Mine. „Bullfrog“ tauften zwei Pioniere unter den Goldschürfern jene Berge, in denen sie nicht nur das Edelmetall vermuteten sondern wo sie es auch entdeckten.
Frank „Shorty“ Harris und Ernest „Ed“ Cross dachten nicht lange über den Namen für ihr späteres Bergbaulager in der kargen Wüste von Nevada nach: Bulfrog Minin District sollte es heißen. Und zwar deshalb, weil der erste Stein, den sie gefunden hatten, grün schimmerte und mit großen gelben metallenen Brocken übersät war. Dies alles ähnelte dem Rücken eines Ochsenfrosches, der aber eher ein Leben in feuchteren Gegenden bevorzugt.
Häuser aus Stein und eine pulsierende Bergbaustadt
Dieser Goldfund im August 1904 westlich vom Death Valley und rund drei Kilometer nördlich der Nevada State Road 374 war der Startschuss zu einer der ertragreichsten Schürf-Aktionen des gesamten amerikanischen Westens. Rhyolite, das diesen Namen nach einem vulkanischen Gestein erhielt, mauserte sich binnen fünf Jahren zu einem pulsierenden Bergbaustädtchen. Es unterschied sich von vielen anderen Ortschaften der Region, weil dessen Häuser in erster Linie aus Steinen errichtet wurden und nicht als Holz. Besonders vielversprechend und damit ertragreich war die Montgomery Shoshone-Mine.
Schon nach zwei Jahren schlossen die ersten Goldminen
Im Laufe der Zeit entstanden in Rhyolite nicht nur dreistöckige Gebäude sondern auch Hotels, etliche Geschäfte, eine Eisfabrik, die von einer leibhaftigen Gräfin geleitet wurde, zwei Elektrizitätswerke und ein Krankenhaus. In der Schule fand sich Platz für bis zu 250 Kinder.
Aber bereits zwei Jahre nach dem Goldfund durch Harris und Cross legte sich ein erster Schatten über Rhyolite, denn die amerikanischen Finanzmärkte gerieten ins Schlingern. Die Stadt, die sich den Luxus leistete, an drei Eisenbahnlinien angeschlossen zu sein, schloss nun die ersten der insgesamt fünfzig Goldminen. Und auch in dem kleinen Opernhaus senkte sich der letzte Vorhang.
Der Bahnhof kostete einst 130.000 amerikanische Dollar
Im Jahr 1911 war dann in Rhyolite alles vorbei – die letzte Mine wurde geschlossen, und auch die Verbindungen der Las Vegas and Tonopah Railroad gab es nicht mehr. Dabei hatte der Bahnhof in Rhyolite, der im spanischen Stil gebaut wurde, immerhin 130.000 amerikanische Dollar gekostet. Eine Investition für wenige Jahre.
Einige Zeit verkauften noch die Porter Brothers alles, was die Goldgräber zum Schürfen benötigten, doch auch der Handel mit Bettwäsche und Lebensmittel ging immer mehr zurück. Die Porter Brothers hatten sich ursprünglich für ein steinernes Haus mit einem großen Glasfenster entschieden. Das Unternehmen erwarb in jener Zeit einen guten Ruf, denn es war auch in den nahe gelegenen Städten Beatty, Ballarat und Pioneer mit Geschäften vertreten.
Niemand hatte das Gefühl, am Rande der Zivilisation zu leben
In den alten Zeiten war es insbesondere der Geschäftsmann Charles M. Schwab, der in Rhyolite kräftig in Projekte aller Art investierte und auch seine Beziehungen spielen ließ. Er sorgte dafür, dass der Ort in den Genuss von Wasserleitungen kam und die Bürger nicht das Gefühl bekamen, am Rande der Zivilisation zu leben.
Es gab dort Tages- und Wochenzeitungen, aus dem Postamt konnte man telefonieren und telegraphieren, und der Tennisplatz erfreute sich großer Beliebtheit. Zu den bemerkenswertesten Einrichtungen zählten darüber hinaus eine Börse und ein Schwimmbad. Als ein verheerendes Erdbeben im Jahr 2006 viele Häuser in Los Angeles zerstörte verabschiedeten sich die ersten Arbeiter aus Rhyolite.
Die Miner’s Union Hall wurde in Beatty zur Town Hall
Nachdem die Versorgungsunternehmen im Jahr 1914 den Strom für Rhyolite abstellten, setzte eine große Abwanderungswelle ein, und sechs Jahre später gab es dort nur noch vierzehn Einwohner. Die wenigen Holzhäuser wurden abgerissen, weil Holz zu diesen Zeiten ein wichtiges Gut in der Wüste war.
Die Miner’s Union Hall des Ortes ging sogar auf Reisen und wurde in Beatty als Old Town Hall wieder aufgebaut. Der Traum der Glücksritter von Rhyolite war endgültig ausgeträumt, und heute steht die Geisterstadt in dieser trostlosen Landschaft unter Denkmalschutz. Erhalten werden die Ruinen von der „Rhyolite Preservation Society“.
Ein sehenswertes Haus aus 50.000 Bierflaschen
Zu den Sehenswürdigkeiten dieser Ghost Town zählte ein Jahrhundert lang der einstige „General Store“. Auch er machte einen reichlich instabilen Eindruck, um dann im September 2014 nach einem Blitzeinschlag komplett abzubrennen.
Geblieben ist das ungewöhnliche „Bottle House“, das aus nicht weniger als 50.000 miteinander vermörtelten Flaschen errichtet wurde. Sie stammen ausnahmslos aus weggeworfenen amerikanischen Bierflaschen und aus dem gegenüber liegenden einstigen Saloon.
Zwölf Geister aus Acryl und das „Letzte Abendmahl“
Neben dem Flaschenhaus befinden sich inzwischen einige bizarre Kunstwerke aus Acryl. Die zwölf lebensgroßen Schüler dieser Skulptur ähneln Geistern, wurden nach dem Vorbild des „Letzten Abendmahls“ gestaltet und entstammen der Ideenschmiede des belgischen Künstlers Albert Szukalski, der im Jahr 2000 starb.
Zu Lebzeiten animierte er drei weitere belgische Künstler, seine Arbeit in dieser Geisterstadt fortzuführen. Es entstanden die „Venus von Nevada“ und eine weibliche Version des „Ikarus“. In der Roten Scheune des „Goldwell Open Air Museums“ findet alljährlich im Oktober ein Kunstfestival statt.
Der Eintritt ist frei, doch Spenden sind erwünscht
Mehrfach wurde die Geisterstadt zum Drehort für Spielfilme. Unter anderem wurden dort Szenen für die Streifen „Cherry 2000“, „Six-String-Samurai“ und „Die Insel“ gedreht. Es war so eine Art späte Ehre für eine ungewöhnliche Kulisse. Der Eintritt in Rhyolite bzw. von dem, was davon übrig blieb, ist kostenlos. Allerdings freut man sich über Spenden. Ehrenamtliche Führer sind stets vor Ort.