Wer waren die Pilgerväter?
Die Pilgerväter und die Wurzeln der Vereinigten Staaten
Die Pilgerväter (englisch Pilgrim Fathers oder einfach Pilgrims) waren die ersten englischen Siedler in Neuengland, einem Gebiet im Nordosten der Vereinigten Staaten. Hier begann mit der Kolonie „Plymouth Colony“ die Besiedlung Amerikas. Bei den Pilgervätern handelt es sich nicht nur um Männer (wie der Name vielleicht vermuten lässt). Auch Frauen und Kinder waren an Bord der Mayflower, mit der die Pilgrims 1620 über den Atlantik segelten.
Der Blick auf die Historie und auf die Geschehnisse während der jungen Jahre ihres Staates sind den meisten Amerikaner ein Bedürfnis. So mancher identifiziert sich mit der Geschichte der USA und möchte zumindest einmal im Leben jene Stätten besuchen, an denen alles begann. Und dann wandeln die an der Geschichte interessierten Menschen der Neuen Welt auf den Spuren der Pilgrims.
Jenen Pilgervätern, die aus Europa kamen und ihre puritanischen Überzeugungen in ihre neue Heimat exportierten. „Plymouth Plantation“ ist so eine Art Wallfahrtsort für die Amerikaner, denn unweit dieses sehenswerten Freilichtmuseums landeten am 11. November 1620 Siedler aus einem Land jenseits des Atlantiks. Dort, am Plymouth Rock, wo die Passagiere der Mayflower in Massachusetts erstmals amerikanischen Boden betraten, ist heute ein Nachbau des legendären Dreimasters fest vertaut.
Die Reise der Pilgerväter mit der Mayflower
Zwei Geburten auf der Mayflower
102 Passagiere vertrauten im frühen 17. Jahrhundert der Seemannskunst der 34 Besatzungsmitglieder. Es war im Spätherbst des Jahres 1620 eine stürmische Überfahrt, die den Menschen an Bord der Mayflower einiges an Durchhaltevermögen abverlangte.
Während ihrer 66-tägigen Reise erblickten zwei Kinder das Licht der Welt, und ursprünglich hatten die Passagiere mit dem englischen Kapitän Christopher Jones vereinbart, dass er sie von der Südküste der britischen Insel nach Virginia Company bringen sollte.
Dort befand sich unter dem Schutz der britischen Krone an der Mündung des Kennebec Rivers eine Siedlung, wo sich die europäischen Ankömmlinge bereits im Jahr 1606 mit den indianischen Ureinwohnern weitgehend arrangiert hatten.
Die bedrückende Enge an Bord
Die Reise auf der Mayflower war für alle Teilnehmer recht beschwerlich, denn ursprünglich hatten die Puritaner nicht nur dieses Handelsschiff gechartert sondern auch die Speedwell. Doch dieses Schiff war offenbar wenig tauglich für die Hochsee und begann bereits nach wenigen Meilen zu lecken. Daraufhin kehrten beide Schiffe zurück in den Hafen von Dartmouth und später ins englische Plymouth.
Die Reisenden verstauten ihr Gepäck auf der Mayflower und waren sich der Enge auf dem 80 Fuß langen und 24 Fuß breiten Schiff von nun an bewusst. Während der 66 Tage langen Reise wurde die Mehrzahl der Passagiere von der Seekrankheit erwischt. Die Deckenhöhe der Unterkünfte betrug kaum mehr als einen Meter und die unzureichend belüfteten Zwischendecks der Handelskaravelle waren eine Tortur für alle. Es herrschte eine bedrückende Enge. Die Pilgerväter erlitten Höllenqualen, waren durchnässt und verängstigt.
Warum reisten die Pilgrims nach Amerika?
Die Puritaner gerieten in Europa wegen ihrer radikalen theologischen Ausrichtung der Bibel auch innerhalb des Calvinismus mehr und mehr ins Abseits. Viele hatten sich auch während ihres Aufenthalts auf der britischen Insel von der englischen Staatskirche getrennt und emigrierten nach Holland.
Als es dort für die Exilanten an der Ausübung beruflicher Tätigkeiten mangelte und die englische Regierung das Nachbarland aufforderte, die „Umstürzler“ zu verhaften, entschloss sich die Gruppe der späteren Pilgrims zur Auswanderung in die Neue Welt. Dass sie dort ihre neue Kolonie der Krone Englands widmeten, obwohl sie zu Hause verfolgt wurden, zählt zu den Merkwürdigkeiten der amerikanischen Geschichte.
Falsches Ziel und Mayflower-Vertrag
Überzeugt von der Gnade Gottes
Da sich die Navigation während der Reise fast ausschließlich nach den Sternen ausrichtete, verfehlte der Kapitän der Mayflower sein Ziel und landete vor der amerikanischen Küste auf der Halbinsel Cape Code, die sich wie eine Sichel in der Nähe von Boston in den Atlantik schiebt.
Die Passagiere verzichteten jedoch auf eine Weiterfahrt, gründeten im heutigen Neuengland ihre erste Siedlung und verbanden damit ihre Hoffnung, dort nach ihren religiösen Vorstellungen leben zu können.
Die Puritaner verstanden sich als protestantische Glaubensgemeinschaft, die keinerlei katholische Einflüsse zuließ. Auch deshalb wurden die Puritaner in ihren holländischen und englischen Domizilen verfolgt. Sie galten als „Separatisten“, die bereits auf ihren irdischen Wegen von der Gnade Gottes überzeugt waren.
Der historische „Mayflower Compact“
Noch bevor die Pilgrims nach ihrer Landung vor Cape Cod die Mayflower verließen, verfassten sie an Bord einen Vertrag, der als „Mayflower Compact“ in die amerikanische Geschichte einging. Darin verpflichteten sie sich gegenseitig, die Regeln einer sozialen Struktur zu achten.
Denn schon während der Überfahrt hatte es auf der Mayflower Unstimmigkeiten zwischen den verschiedenen Gruppierungen gegeben. Schließlich befanden sich unter den 102 Passagieren lediglich 41 Puritaner, die aufgebrochen waren, um in Amerika nach der Freiheit von der Church of England zu streben.
William Bradford war der Anführer und Sprecher der Pilgerväter, und der Vertrag zum Schutz der neuen Kolonie war knapp gefasst. Wesentlich war darin der verbriefte Wille, eine neue Gesellschaft zu schaffen sowie im Einklang mit dem christlichen Glauben zu leben und zu arbeiten.
Der erste Kommandeur der Kolonie
Geschichtsforscher bezeichnen das historische Dokument der Pilgrims nach ihrer Landung in Massachusetts als eine Art Urform der noch heute gültigen amerikanischen Verfassung und als erstes Dokument, das die Selbstverwaltung in der Neuen Welt etablierte. Die Pilgerväter hatten genügend Zeit, sich über diesen Kontrakt Gedanken zu machen, denn vor der Erkundung des Landungsgebiets musste das mitgebrachte Leichtboot, eine sogenannte Pinnace, repariert werden.
Ein Vortrupp hatte die Aufgabe übernommen, am Strand Brennholz aufzuschichten. Die Erkundungen leitete ein englischer Militäroffizier namens Myles Standish, den die Pilger vor ihrer Abfahrt eingestellt hatten und der später zum ersten Kommandeur der neuen Kolonie ernannt wurde.
Aufbau einer ersten Siedlung
Im ersten Winter starben 52 Menschen
In ihrer neuen Heimat bereiteten sich die Passagiere der Mayflower auf den bevorstehenden Winter vor. Sie errichteten in großer Eile in ihrer Kolonie Häuser, doch weil sie nicht fertig wurden, verbrachten fast alle Passagiere die Monate auf dem Schiff, das erst im Frühling wieder nach Europa ablegte.
Es mangelte vor allem an Lebensmittel, um die kalte Jahreszeit zu überstehen. Bis zum Frühjahr starben 52 Menschen an verschiedenen Krankheiten. Einer von ihnen war John Carver, den die Einwohner zu ihrem ersten Gouverneur wählten und der sich um die Finanzierung der Überfahrt verdient gemacht hatte.
Bei den Landausflügen stießen die Ankömmlinge hinter den Dünen in indianischen Häusern auf den Samen von Mais und Bohnen, den sie im kommenden Frühling zur Aussaat nutzten. Die Puritaner betrachteten diesen Fund als „besondere Vorsehung Gottes und als große Barmherzigkeit“.
Beziehungen zu den Einheimischen
Die Hilfe eines Indianer-Häuptlings
Schon bald nach ihrer Ankunft trafen die Pilgerväter auf Felder, die von den dort heimischen Indianern bestellt wurden. Doch die Zahl der Ureinwohner des nunmehr von den Neuankömmlingen als New Plymouth getauften Gebiets war in dieser Zeit durch eine grassierende Pocken-Epidemie reduziert, so dass die Pilger kaum auf Widerstand trafen.
Außerdem schlossen sie mit Massasoit, dem Oberhäuptling der Indianer vom Stamm der Wampanoag, einen Friedensvertrag, der ein harmonisches Miteinander besiegeln sollte. Massasoit versprach sich florierende Handelsbeziehungen mit den Weißen und lehrte ihnen die indianischen Techniken des Pflanzens und Fischens.
Als der Häuptling im Winter 1632 lebensgefährlich erkrankte, wurde er von den Pilgern gesund gepflegt. Er wurde achtzig Jahre alt, doch nach seinem Tod im Jahr 1662 nahmen die Spannungen zwischen den Volksgruppen zu.
Der Krieg des „King Philipp“
Nach und nach befleißigten sich die Pilger aus Europa eines gewissen Missionseifers. John Eliot war einer dieser puritanischen Geistlichen, die den Indianern von ihrer besonderen Art des Christentums überzeugen wollten. Er hatte einige sogenannte „Gebetsstätte“ in der Umgebung gegründet, stieß aber bei den Ureinwohnern auf taube Ohren.
Diese waren inzwischen davon überzeugt, dass die Kolonisten ihnen nach und nach alles nehmen würden. Ihr Land, ihre Lebensgewohnheiten und nicht zuletzt auch ihre Kultur. Daraus ergaben sich Differenzen, die schließlich zum „King Philipps War“ führten und damit zum Aufstand der Indianer im Süden Neuenglands im Jahr 1675.
„King Philipp“ war einer der Söhne des inzwischen verstorbenen Häuptlings Massasoit. Er versammelte einige indianische Volksgruppen im Kampf gegen die Weißen um sich, verlor jedoch gegen die Übermacht der Siedler.
Die Ausrottung der Wampanoag-Indianer
Etwa dreitausend Mitglieder indianischer Stämme fielen diesem Krieg zum Opfer, und die Puritaner fühlten sich in ihrer Überzeugung bestätigt, dass Gott allein sie dazu auserkoren habe, ihre neue Heimat hinter den Dünen und Klippen der Strände Neuenglands zu beherrschen.
Kaum jemand erinnerte sich bei den Pilgrims an die Zeiten der historischen Pilgerväter, als die Neuankömmlinge mit den Indianern noch in Frieden lebten und ihre Ernte teilten.
Nunmehr wurden die letzten Überlebenden des Krieges auf den Sklavenmärkten verkauft. Der Stamm der Wampanoag war praktisch ausgerottet. Fünfundfünfzig Jahre nach dem Abschluss unter einem Vertrag gab es das harmonische Miteinander zwischen den Puritanern und den Indianern nur noch in den Erzählungen einer neuen Generation.
Das erste Thanksgiving
Eine Mahlzeit zum Erntedankfest
Nur eine Begebenheit berichtet man sich noch immer, und sie ist fester Bestandteil eines jeden Schulbuchs in Amerika. Das Erntedankfest, das als „Thanksgiving“ auf den Kalendern der USA verzeichnet ist, hat seinen Ursprung in einer dieser historischen Begegnungen der Pilgerväter mit den Indianern vom Stamm der Wampanoag.
Ein Jahr nach der Landung der Mayflower vor Cape Cod folgte eine Abordnung der Ureinwohner mit ihrem Häuptling Massasoit einer Einladung in die kleine Siedlung der europäischen Einwanderer.
Gefeiert wurde erstmals das Erntedankfest, das bis heute einer der wichtigsten Feiertage in Amerika ist. Damals dürfte die Mahlzeit eher kärglich ausgefallen sein, doch heute steht fast auf jedem amerikanischen Tisch zum Erntedankfest ein gerupfter und geschmorter Truthahn.
Ein Leben in einfachen Hütten
Inzwischen ist Thanksgiving ein beliebter Anlass, um sich mal wieder mit allen Familien-Angehörigen zu treffen oder sich zu einer kurzen Reise aufzumachen. Der vierte Sonntag im November ist auch ein Grund, um auf den Straßenschluchten von New York City eine gigantische Parade zu starten.
Das Erntedankfest hat sich tief verwurzelt im Bewusstsein der Menschen in der Neuen Welt und ist alljährlich ein Anlass, um auch der historischen Pilgerväter von der Mayflower zu gedenken. Die lebten in den ersten Jahren nach ihrer Ankunft in einfachen Hütten, die sie aus dem Holz errichteten, die in den benachbarten Wäldern zu finden waren. Sie bauten auf ihrer kargen Scholle Gemüse an und sie züchteten Tiere, um sich in den kalten Wintern ernähren zu können.
Pilgrim Fathers Museum in Leiden, Niederlande
Im holländischen Leiden werden Besuchern heute jene Viertel gezeigt, in denen einst die Pilgerväter lebten, bevor sie über Delfshaven, der Rotterdamer Altstadt, das Land verließen. Im „Lebenden Museum“ von Plymouth wandeln die Besucher auf den Spuren der Pioniere. Sie begegnen dort Frauen mit ihren traditionellen Hauben und den Nachbauten der hölzernen Häuser aus den Anfängen der amerikanischen Geschichte.
Und die Menschen unterhalten sich in der Mundart einer längst vergangenen Zeit. Es ist die Sprache, die der englische Dichterfürst William Shakespeare beherrschte. Vieles wurde in der „Plymouth Plantation“ nach überlieferten Vorbildern aufgebaut. Und auch den Indianern vom Stamm der Wampanoag, die den Pilgervätern einst mit offenen Armen begegneten, wird in einer angrenzenden Siedlung gedacht.
Pilgrims und Puritaner
Es war für die Pilgerväter ein schwerer Start in ein Leben, das ihnen zwar die Glaubensfreiheit bescherte, sie aber auch in Zeiten voller Entbehrungen führte. Es war ein Dasein auf Böden, die nicht alle ernähren konnte, was dazu führte, dass sich die Enkel der Pilgrims in alle Richtungen Amerikas zerstreuten.
Puritaner lehnen in den Vereinigten Staaten noch immer vieles ab: Gebetsbücher, christliche Kreuze und Bischöfe. Sie verachten die Bilderverehrung und ignorieren das Weihnachtsfest. In den Vorstellungen vieler Amerikaner ist Puritanismus so etwas wie ein Synonym für eine für sie schwer verständliche Morallehre.
Doch für das Werden der Demokratie in den USA hat diese Glaubensgemeinschaft Erstaunliches vollbracht. Sie ist mit ihrer Historie ein Teil des Landes und mit den Pilgervätern für alle Zeiten verankert im Geschichtsbewusstsein der Menschen.
Häufige Fragen und Antworten
Warum sind die Pilgrims nach Amerika gegangen?
Weil sie in England und später auch in Holland wegen ihrer Glaubensrichtung verfolgt wurden.
Was bedeutet das Wort Pilgrim?
Dieses Wort ist der lateinischen Sprache entliehen und bedeutet so viel wie „Pilger“. Ein „Pelegrinus“ ist im Kirchenlatein ein Mensch, den es aus Glaubensgründen in die Ferne zieht.
Was sagt der Mayflower Vertrag aus?
Im „Mayflower Compact“ wurde durch die Pilgerväter vereinbart, dass in der neuen Kolonie alle Menschen die gleichen Rechte in einer selbst verwalteten Gemeinschaft haben sollten.
Wann landeten die Pilgerväter in Amerika?
Am 9. November 1620 landeten die Passagiere der Mayflower an der Halbinsel Cape Cod.
Wie hieß das Schiff, mit dem die Pilgerväter 1620 Amerika erreichten?
Die Mayflower war ein dreimastiges Segelschiff, das vor der Atlantik-Überquerung vor allem für den Transport von Wein zwischen Frankreich und England benutzt wurde.